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Wann und wie sich der Kinderfreibetrag übertragen lässt

|   Der Steuerratgeber - Kolumne in der Aachener Zeitung

Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes in Höhe von 2.730 Euro sowie ein Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf in Höhe von 1.464 Euro vom Einkommen abgezogen. Insgesamt beträgt der jährliche Kinderfreibetrag somit 4.194 Euro je Elternteil. Für nicht zusammen veranlagte Ehegatten wird der Kinderfreibetrag den Elternteilen grundsätzlich jeweils zur Hälfte zugerechnet. Er kann jedoch auf Antrag auf einen Ehegatten übertragen werden, wenn dieser - nicht jedoch der andere Elternteil - seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.

Leben Eltern in einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen, stellt sich die Frage, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen die Übertragung des Kinderfreibetrags von einem auf den anderen Elternteil möglich ist. Diese Frage wurde zwischenzeitlich durch den Bundesfinanzhof im Urteil vom 15.12.2021, Az. III R 24/20, welches unlängst veröffentlicht wurde, beantwortet. Aber zunächst zum Sachverhalt:

Ein Elternpaar mit zwei gemeinsamen minderjährigen Kindern lebte in einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Die Kindesmutter erzielte in den Jahren 2015 bis 2017 höhere Einkünfte als der Kindesvater, da dieser unter anderem Verluste aus Gewerbebetrieb berücksichtigen konnte. Da sich steuermindernde Tatsachen, wie zum Beispiel der Kinderfreibetrag, bei der Kindesmutter höher auswirkten als beim Kindesvater, beantragte sie die Übertragung dessen Kinderfreibeträge auf sich. Sie begründete dies mit der Tatsache, dass der Kindesvater finanziell nicht leistungsfähig und somit seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachgekommen sei.

Das Finanzamt lehnte den Antrag der Kindesmutter mit dem Hinweis ab, dass die Kinder minderjährig seien und der nicht finanziell leistungsfähige Kindesvater seiner Unterhaltsverpflichtung auch durch die Betreuung der Kinder nachkommen könne. Der Einspruch gegen diese Entscheidung hatte nur teilweise Erfolg, da eines der beiden Kinder im Streitjahr 2016 volljährig wurde. Die Ablehnung der Übertragung beschränkte sich danach auf den Zeitraum der Minderjährigkeit der Kinder.

Auch die anschließende Klage beim Finanzgericht hatte keinen Erfolg und so kam der Fall zum Bundesfinanzhof. Dieser bestätigte in seinem Urteil die Auffassung des Finanzamts sowie des Finanzgerichts. Im Streitfall sahen die Richter die Voraussetzungen für die Übertragung der Kinderfreibeträge nicht erfüllt. Zwar sei der Kindesvater finanziell tatsächlich nicht leistungsfähig gewesen, er sei jedoch trotzdem seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nachgekommen. Eine fehlende Unterhaltspflicht mangels Leistungsfähigkeit, wie es das Gesetz fordert, kann nicht allein aus dem finanziellen Beitrag zum Haushaltseinkommen abgeleitet werden. Vielmehr kann die Unterhaltspflicht auch durch die Pflege und Erziehung der Kinder erfüllt sein. Daher ist auch nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs die volle Übertragung der kinderbezogenen Freibeträge auf die Klägerin abzulehnen.

Es ist jedoch zu beachten, dass ab Volljährigkeit eines Kindes eine Übertragung der Freibeträge in Betracht kommt, da ab diesem Zeitpunkt gesetzlich ein Barunterhalt verlangt wird. Kann der Barunterhalt dann mangels Einkommen eines Elternteils von diesem nicht geleistet werden, muss auf Antrag eine Übertragung auf den anderen Elternteil erfolgen.  

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