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"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist."

(Henry Ford)

Handlungsbedarf: Änderung der Umsatzsteuersätze

|   Der Steuerratgeber - Kolumne in der Aachener Zeitung

Den Medien konnten Sie in den letzten Tagen die Meldung entnehmen, dass die Regierungskoalition ein Eckpunktepapier zur Bekämpfung der Corona-Folgen verabschiedet hat. Einer dieser beschlossenen Punkte ist die Herabsetzung der Umsatzsteuersätze ab 01. Juli 2020, befristet bis zum 31. Dezember 2020. Der Regelsteuersatz vermindert sich von 19 auf 16 Prozent und der ermäßigte Umsatzsteuersatz (z.B. bei Lebensmitteln) von 7 auf 5 Prozent.

Für den Verbraucher stellt dieser Beschluss einen Kaufanreiz zur Ankurbelung des Inlandsumsatzes dar, da der Einkauf – so die Steuersatzreduzierung im Handel im Preis an den Kunden weitergegeben wird – kostengünstiger wird. Die technische Umsetzung und rechtliche Bewertung für die Wirtschaft löst einen erheblichen Mehraufwand aus. Dies zeigten bereits die Steuersatzerhöhungen in vergangenen Jahren. Jetzt entsteht dieser Aufwand gleich zweimal, da die Steuersatzänderungen auf sechs Monate befristet wurden.

In gut zwei Wochen ist es soweit und deshalb ist kurzfristiges Handeln notwendig, da die Umstellung sich für den Unternehmer nicht risikolos darstellt. Aus diesem Grunde heute in gebotener Kürze, aber dennoch nachdrücklich, der Hinweis auf wichtige Punkte die viele betreffen.

Bei der Frage, welcher Steuersatz Anwendung findet, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Ausführung der Leistung an. Leistungen werden umsatzsteuerlich nach Lieferungen und sonstigen Leistungen unterschieden. Lieferungen sind der Kauf von Waren und Gütern und alles andere (z.B. Dienstleistungen, Beratungen, Vermietungen usw.) sind sonstige Leistungen.  

Lieferungen, sofern es sich nicht um eine Beförderung oder Versendung handelt, sind ausgeführt, wenn der Leistungsempfänger über den Kaufgegenstand verfügen kann. Um dies zu verdeutlichen: Wurde ein Fahrzeug bestellt und kann dies erst im zweiten Halbjahr 2020 ausgeliefert werden, ist der Steuersatz in Höhe von 16 Prozent anzuwenden, auch wenn das Fahrzeug unter Berücksichtigung von 19 Prozent Umsatzsteuer bestellt wurde. Dies gilt ebenso am Ende des Jahres, wenn der Steuersatz wieder ab Januar 2021 erhöht wird. Auf den Zeitpunkt der Auslieferung kommt es an. Steht das Fahrzeug allerdings bereits abholbereit auf dem Hof des Autohändlers, nutzt ein absichtliches Aufschieben der Abholung bis nach dem 01. Juli nicht. Grenzfälle wird es hier allerdings mit Sicherheit in ausreichendem Maße geben.

Sonstige Leistungen sind im Zeitpunkt der Vollendung ausgeführt, also wenn die Leistungen insgesamt abgeschlossen wurden. Ausnahmen stellen hier vereinbarte und abgrenzbare Teilleistungen dar. Hierzu gehören auch Leistungen in Form von Dauerleistungen wie unter anderem bei Mietverträgen. Auf diese Verträge möchte ich ganz besonders hinweisen, da ein Mietvertrag im Sinne der Umsatzsteuer eine Dauerrechnung darstellt. Wurde ein Mietvertrag geschlossen, in dem Umsatzsteuer vereinbart und offen ausgewiesen wurde, gilt dieser Vertrag solange er wirksam ist als (Dauer-) Rechnung im Sinne der Umsatzsteuer. Ab dem 01.07.2020 weist der Vertrag dann allerdings einen nicht mehr zutreffenden Steuersatz in Höhe von 19 Prozent aus, da die Vermietung der Monate Juli bis Dezember 2020 in den Zeitraum der Steuersatzminderung stattfindet. Die ausgewiesene Umsatzsteuer ist falsch. Auch falsch ausgewiesene Umsatzsteuer wird vom Leistenden (Vermieter) in voller Höhe geschuldet. Der vorsteuerabzugsberechtigte Leistungsempfänger kann jedoch nur 16 Prozent Vorsteuer für diesen Zeitraum in Anspruch nehmen. Aus diesem Grunde müssen sämtliche Mietverträge, in denen Umsatzsteuer vereinbart und ausgewiesen wurde, für das zweite Halbjahr 2020 geändert oder durch einen Zusatz ergänzt und die Miete um 3 Prozentpunkte vermindert werden.   

Es gibt noch viele und äußerst gewichtige Änderungen durch die Steuersatzsenkungen (z.B. im Bereich der Bauleistungen oder der Anzahlungen), jedoch würde die Fülle der Änderungen den Rahmen sprengen. Die Betroffenen sollten sich kurzfristig und ausgiebig mit der Umstellung auseinandersetzen, damit es bei späteren Überprüfungen durch das Finanzamt kein böses Erwachen gibt.

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