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"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist."

(Henry Ford)

Gebäude: Schnellere Abschreibung bei kürzerer Restnutzungsdauer

|   Der Steuerratgeber - Kolumne in der Aachener Zeitung

Bei Wirtschaftsgütern, mit denen ein Steuerpflichtiger Einkünfte erzielt und deren sich Nutzung über mehr als ein Jahr erstreckt, werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilt und abgeschrieben. Allgemein handelt es sich um eine Verteilung mit gleichen Jahresbeträgen. Ausgenommen hiervon sind geringwertige Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis 800 Euro, welche im Jahr der Anschaffung oder Herstellung vollumfänglich als Ausgaben geltend gemacht werden können.

Das Einkommensteuerrecht sieht typisierend für Gebäude, die nicht Betriebsgebäude sind und bis zum 31.12.1924 fertiggestellt wurden 2,5 Prozent und für Gebäude, die ab dem 01.01.1925 fertiggestellt wurden, 2 Prozent jährliche Abschreibung vor. Dies entspricht einer unterstellten Nutzungsdauer von 40 Jahren bei 2,5 Prozent bzw. 50 Jahren bei 2 Prozent Abschreibungssatz. Speziell auf die Abschreibung von Gebäuden, die der Einkünfteerzielung durch Vermietung oder Verpachtung dienen, soll heute der Fokus gelegt werden.

Die Abschreibung beginnt mit der Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes und bemisst sich nach der Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Bei einer Herstellung ist offensichtlich, dass es sich um ein neues Gebäude mit entsprechend hoher gewöhnlicher Nutzungsdauer handelt. Diese wird in der Regel mehr als 50 Jahre betragen und somit ist der Abschreibungsprozentsatz von 2 Prozent nachvollziehbar. Anders allerdings bei der Anschaffung.

Ein Gebäude wird im Allgemeinen im Laufe seiner Gesamtnutzungsdauer das ein oder andere Mal an einen neuen Eigentümer veräußert. Bei jedem Erwerb beginnt die Abschreibung für den Erwerber neu, und zwar unter Zugrundelegung seiner Anschaffungskosten. Dies sei einmal in Bezug auf die Nutzungsdauer und den Abschreibungssatz an einem Beispiel dargestellt.

A errichtete im Jahre 1960 ein Mietobjekt und schrieb die Herstellungskosten mit 2 Prozent jährlich ab. Die unterstellte Nutzungsdauer von 50 Jahren endet im Jahr 2010. 1980 verkaufte er dieses Objekt an B. Dieser schrieb seine Anschaffungskosten wieder jährlich mit 2 Prozent ab. Die unterstellte Nutzungsdauer beträgt wieder 50 Jahre und endet nun 2030. Die unterstellte Nutzungsdauer des Gebäudes hat sich um 20 Jahre verlängert. Sie können sich vorstellen wie diese Rechnung bei weiteren späteren Anschaffungen fortzuführen ist.

Irgendwann erreicht das Gebäude eine tatsächliche Restnutzungsdauer von weniger als den typisierten 50 Jahren. An dieser Stelle ist es möglich, abweichend von der typisierten Nutzungsdauer eine kürzere Restnutzungsdauer und somit höhere Abschreibungssätze geltend zu machen.

Die voraussichtliche Restnutzungsdauer muss jedoch nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden. Zu der Art und Weise dieses Nachweises haben sich das Finanzgericht Düsseldorf (Urteil vom 12.07.2019, Az. 3 K 3307/16 F) und nachfolgend der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren (Urteil vom 28.07.2021, Az. IX R 25/19 (NV)) geäußert. Beide Gerichte bestätigten, dass zur Anwendung der verkürzten Restnutzungsdauer jede Methode, die zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint, möglich ist. Ausschlaggebend ist, dass die Restnutzungsdauer mit hinreichender Sicherheit geschätzt werden kann. Ein Bausubstanzgutachten, wie das Finanzamt es in den obigen Verfahren verlangte, ist nicht notwendig. Hier ist dem Steuerpflichtigen ein gewisser Spielraum eingeräumt worden. Die reine Behauptung, ohne eine nachvollziehbare Ermittlung, reicht jedoch selbstverständlich nicht aus. Ein Gutachten, z.B. eines vereidigten Sachverständigen, wäre hilfreich.

Noch in eigener Sache: Nach fast zehn Jahren darf ich mich von Ihnen an dieser Stelle verabschieden und danke für Ihre Treue, die in den ganzen Jahren immer wieder und vielfältig zum Ausdruck gekommen ist. Es hat mir viel Freude bereitet. Den Staffelstab übergebe ich nun an meinen Kollegen Ralf Forné.

Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles erdenklich Gute – bleiben Sie gesund.

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